Erben oder vererben

بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Gottes Des Erbarmers Des Gnädigen

Salam

Laut Geschichte sehen wir hier “Die arabischen Buchstaben und deren Vokalisierung”, dass diakritische Zeichen erst im 9 Jahrhundert von dem Poeten Abou Alaswad Aldoualy im Auftrag des Omayyaden Kalifats erfunden worden sind. Man hat befürchtet, dass die Bevölkerung der neuen Länder, die später der islamischen Dynastie angehörten, den Sinn mancher Wörter durch falsches Aussprechen verdrehen. Durch die diakritischen Zeichen schuf man eine einheitliche Lesart bzw. ein einheitliches Verständnis des gleichen Textes im gesamten islamischen Gebiet.

Die diakritischem Zeichen im Arabischen sind kleine Zeichen, so genannte Harakats حركات, die als Hilfsmittel zu Vokalisierung der arabischen Buchstaben dienen.

Wir zweifeln auf keinen Fall an der Ehrlichkeit des Erfinders dieses Systems, doch die Frage, ob die Vokalisierung bzw. das Aussprechen der Wörter in allen Einzelheiten so stimmt, wie sie Abou Alaswad Aldoualy festgesetzt hatte, beschäftigt uns noch.

Im Artikel “Alkohol oder Zucker” haben wir versucht aus der Logik der Verse zu veranschaulichen, dass ein einziger Vokal den Sinn eines Verses völlig verfremdet, so dass man etwas anderes versteht als das, was der Vers aussagt.

Vers 80 in Sura Maria Nr. 19

Während unserer Übersetzungsarbeit in Sura 19, ist uns Vers 80 aufgefallen, der von allen Übersetzern in einer fremdartiger Weise wiedergegeben wurde. Hier zeigen wir den Vers, wie wir ihn übersetzt haben und auch die Gründe für unser Verständnis des Verses auf dieser Art und Weise.

19:80 Dann lassen Wir ihn erben, was er sagt. Darauf kommt er als Einzelner zu Uns

Und hier stellen wir 6 verschiedene Übersetzungen, um vergleichen zu können, wie wir es genau gemeint haben.

Adel Khoury
Und Wir erben von ihm das, wovon er spricht. Und allein kommt er zu Uns.

Zaidan
Und WIR werden ihm das wegnehmen, worüber er sprach. Auch wird er ja ohnehin alleine zu Uns kommen!

Bubenheim
Und Wir erben von ihm das, was er sagt, während er einzeln zu Uns kommt.

Rasul

Und Wir werden all das von ihm erben, wovon er redet, und er wird allein zu Uns kommen.

Azhar

Wir werden ihm alles abnehmen, wovon er spricht, und er wird am Jüngsten Tag allein vor Uns erscheinen.

Paret
Und wir werden von ihm erben, was er sagt (daß er bekommen werde). Und er wird einzeln zu uns (zum Gericht) kommen.

Ahmadyya
Und Wir werden all das von ihm erben, wovon er redet, und er wird allein zu Uns kommen.

Ich möchte niemandem vorwerfen, dass er etwas wiedergibt, das dem Original nicht entspricht. Vielmehr will ich sagen, dass man zu intensiv an den diakritischen Zeichen festhält, auch wenn man den Sinn darin nicht zu erfassen vermag. Das Problem liegt unser Meinung nach am Zeichen (Fatha), das über dem Buchstaben N im ersten Wort gesetzt ist.

وَنَرِثُهُ مَا يَقُولُ وَيَأْتِينَا فَرْدًا

Das diakritische Zeichen (Fatha) über dem N-Buchstaben veränderte den Sinn des Verses in einer Art und Weise, dass der Vers von den Übersetzern nicht anders wiederzugeben war. Würden wir den Vers wortwörtlich mit diesem diakritischen Zeichen übersetzen, dann würde ein grammatikalischer Fehler bzw. Fehler in der Logik des Satzes erscheinen:

Dann erben wir ihn, was er sagt, und danach kommt er einzeln zu uns.

Wie man hier sieht, ist die Aussage des Satzes unklar im Bezug auf Grammatik und auch auf den Sinn, der uns vermittelt wird. Aber so ähnlich haben die Übersetzer gehandelt, wobei sie die Grammatik so hingebügelt haben, dass es passt, nur der Sinn bleibt immer noch unklar: Warum die Aussagen eines Ungläubigen von den Engeln geerbt werden.

Statt Fatha ein Dammah

Wir haben, Gott sei Dank, diese Einstellung bemerkt, da wir in unserem Quran-Program (Alquran.eu) jegliche diakritischen Zeichen entfernt haben und die Texte so belassen, wie sie mal waren, bevor die diakritischen Zeichen zum Koran zugefügt worden sind. Auf diese Art und Weise haben wir beim Lesen der Texte mehr Freiheit im Bezug auf Sinn und Grammatik der heiligen Schrift, ohne uns an die Regeln (diakritische Zeichen) zu begrenzen. Denn eine Kleine Änderung mit einem einzigen diakritischen Zeichen würde dazu führen, dass der Satz auf einmal verständlich und auch richtig ist:

وَ نُرِثُهُ مَا يَقُولُ وَيَأْتِينَا فَرْدًا

Der Vers ist jetzt auch bei einer wortwörtlichen Übersetzung leicht zu verstehen:

Dann lassen Wir ihn erben, was er sagt. Darauf kommt er als Einzelner zu Uns

Beim Vers geht es darum, dass manche Leute von sich selbst überzeugt sind und dass sie meinen, die Zukunft im Griff zu haben, Vermögen und Nachfahren zu haben, ohne darauf zu achten, dass sie alleine nicht fähig sind, etwas zu schaffen. Man vergöttert sich in seiner Selbstverherrlichung und spricht die Unwahrheit, bis der Tag kommt, an dem ihre Aussagen an ihrer Seele haften und jeder muss damit alleine fertig werden.

Aus diesem Verständnis haben wir Vers 19:80 auf diese Art und Weise übersetzt und auch hier die Stelle kommentiert, damit jeder sieht, aus welchem Grund wir so gehandelt haben.

Möge uns Gott verzeihen in Seiner Barmherzigkeit

Salam