Eine Unverständliche Weisheit (Vers 6:108)

بسم الله الرحمن الرحيم

Da ich ein gebürtiger Araber bin, lese ich, so Gott will, wenig oder kaum die deutschen Übersetzungen des Korans. Wenn ich ihn lese, dann nur in der Sprache, in der er herab gesandt wurde (Arabisch). Und so merke ich nicht, was die Übersetzer alles in den Koran hinein interpretiert haben, was schwer begreiflich ist, so wie in diesem Fall.

Die Frage kam von einer Schwester, die den Vers 6:108 gelesen und von vorn bis hinten nicht verstanden hat. Ich habe die Übersetzung auch gelesen und musste danach nur dumm schauen und mich wundern, wie die Übersetzer auf so etwas kamen.

6:108 ولا تسبوا الذين يدعون من دون الله فيسبوا الله عدوا بغير علم كذلك زينا لكل امة عملهم ثم الى ربهم مرجعهم فينبئهم بما كانوا يعملون

6:108 Ihr sollt die Götzen, die die Ungläubigen anstelle Gottes anbeten, nicht schmähen, sonst würden sie vor Wut aus Unwissenheit Gott beschimpfen. Wir haben jedes Volk dabei belassen, sein Verhalten gut zu finden. Am Jüngsten Tag werden alle Völker zu Gott geführt, Der ihnen ihre Taten vor Augen führen und sie dafür zur Rechenschaft ziehen wird.

Es ist unglaublich, wie viel in einen einzigen Vers hinein interpretiert wurde, was in der Originalfassung nicht vorhanden ist. Es sind mindestens 5 Fehler in der Übersetzung zu sehen:

  1. „Die Götzen“: Auch wenn der Übersetzer gesehen oder verstanden hatte, dass diejenigen, die außer Gott gerufen werden, Götzen seien, hat er kein Recht dieses Wort  zu benutzen, wenn es um die richtige Wiedergabe der Wörter des Korans geht.
  2. „Wut“ Vielleicht haben Wut und Feindseligkeit manchmal etwas miteinander  zu tun, jedoch sind es zwei verschiedene Begriffe bzw. Verhaltensmuster. Hier findet man die Wurzelbeschreibung des Wortes (áadow = Feindschaft)
  3. „Wir haben jedes Volk dabei belassen, sein Verhalten gut zu finden“ Dieser Satz ist nirgends zu finden. Es geht um den schönen Vorschein unseres Verhaltens, besonderes wenn das Ego darin eine Rolle spielt. Gott will nicht, dass die Menschen verführt bleiben, sonst würde Er ihnen keine Botschaft bringen lassen.
  4. „Am Jüngsten Tag“ ist auch nirgends zu finden. Die Rede ist von der Rückkehr zu dem Herrn aller Geschöpfe. Das kann der Jüngste Tag sein, aber das überlassen wir lieber Gott. Er wählt die Worte nicht wir.
  5. „Rechenschaft ziehen“ ist im Kontext auch nicht vorhanden, sondern die Menschen zu benachrichtigen, was sie so im Leben taten.

Unsere Übersetzung zu diesem Vers, ohne jegliche Veränderung am Inhalt, lautet wie folgt:

6:108 Ihr sollt diejenigen, die andere außer Gott rufen, nicht beschimpfen, sonst beschimpfen sie Gott, ohne Wissen, aus Feindseligkeit. Nur so haben wir jedem Volk sein Tun geschmückt, letztendlich kommen sie alle zu Gott zurück, dann sagt Er ihnen, was sie getan haben.

In anderen Worten heißt es: Wenn wir das Wissen bekommen haben, dann sollen wir  die anderen nicht beschimpfen, auch wenn sie unwissend sind. Darin liegt nämlich eine Verführung, die aus dem Ego herstammt. Die anderen zu beschimpfen oder sie und ihren Glauben lächerlich zu machen,  ist eine Art Provokation, die uns von einander mehr abgrenzt und Barrieren bildet, um eine neue Schublade des Sektentums zu schaffen.

30:32 Unter denen, die ihren Glauben spalten und in Parteien zerfallen und jede Partei freut sich über das, was sie selbst besitzt.

Salam