Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott – Vers 2:104

Im Namen Gottes Des Erbarmers Des Gnädigen

Der Koran enthält viele Lehren, die uns im Leben helfen, voran gehen zu können. Doch ohne die genau Wiedergabe mancher Wörter ist es sehr schwierig zu verstehen, was manche Aussagen in sich bergen.

Vers 2:104 ist eins dieser Beispiele, deren Übersetzungen nicht ganz zutreffen, wie es im Original dargestellt ist:

يأيها الذين ءامنوا لا تقولوا رعنا وقولوا انظرنا واسمعوا وللكفرين عذاب أليم 

 Khouy
O ihr, die ihr glaubt, sagt nicht: »Achte auf uns« (raainaa), sondern sagt: »Schau auf uns« (unzurnaa). Und hört darauf. Und für die Ungläubigen ist eine schmerzhafte Pein bestimmt.
Ihr, die den Iman verinnerlicht habt! Sagt nicht ra´ina , sondern sagt unzurna und hört zu! Und für die Kafir ist eine qualvolle Peinigung bestimmt.

Azhar
O ihr Gläubigen! Sagt (dem Propheten, wenn er euch die Offenbarung vorträgt,) nicht “râÅinâ” (= achte auf uns!), sondern “unzurna” (= schau auf uns!) (weil die Juden das Wort “râÅinâ” verdrehen)! Hört aufmerksam zu und wißt, daß sich die Ungläubigen, eine qualvolle Strafe zugezogen haben!

Paret
O die ihr glaubt, sagt nicht (zum Propheten): “ra´ina” sondern sagt: “unzurna” Und hört (auf den Propheten)! Und für die Ungläubigen wird es schmerzhafte Strafe geben.

Ahmadyya
O die ihr glaubt, saget nicht: «Sei uns nachsichtig», sondern sagt: «Schaue gnädig auf uns», und höret. Denn den Ungläubigen wird schmerzliche Strafe.

Rasul
O ihr, die ihr glaubt, sagt nicht: Achte auf uns! sondern sagt: Schau auf uns! und hört (auf den Propheten). Und den Ungläubigen wird eine schmerzliche Strafe zuteil sein.
Ihr Gläubigen! Sagt nicht: Achte auf uns (raa`inaa)!, sondern: Schau auf uns (unzurnaa)! Und hört (auf das, was euch gesagt wird)! Die Ungläubigen haben (dereinst) eine schmerzhafte Strafe zu erwarten.

So wie es scheint, haben die meisten hier von einander abgeschrieben! Da sie aber nicht ganz von dieser Deutung überzeugt sind, schrieben sie das arabische Wort in Klammer daneben, um zu sagen, dass das Wort auch etwas anderes sein könnte. Wir zeigen erstmals eine Wurzelanalyse unseres Wortes, so dass der Leser diesen Begriff gedanklich besser erfassen kann:

رعي [RaÉYa] (Be-)hüten, Sorge tragen, (Vieh) weiden, (Interessen) wahren
راعي [RAÉYa] berücksichtigen
إرتعي [ERTaÁYa] (Vieh) weiden
إسترعي [ESTaRÁYa] (Blick) auf sich ziehen

راع [RAÉ] pl. رعاة [RoÁAH] Hirt-en, Hütter
رعي [RaÉY] Hüten, (Tiere) Weidewirtschaft, Einhaltung
رعاية [ReÁAYaH] Betreuung, Fürsorge, Pflege, Obhut, Schirmherrschaft, Patronat
رعية [RaÉYaH] Herde, Untertan, (Königreich) Bürger, Pfarrgemeinde

رعوي [ReÁWY] Hirten-, Weide-

Wie man hier durch die Wurzelanalyse merkt, dass unser Wort mehr oder weniger mit einer Sache zu tun hat, die von ihrem Träger behütet werden sollte, man muss ständig hinterher laufen, damit sie ja nicht vom Weg abweicht. Deshalb haben wir in unserer Übersetzung für das Wort “Hüte uns” entschieden und hoffen dabei, dass der Sinn dadurch zum Vorschein kommt:

2:104 Ihr, die ihr geglaubt habt, sagt nicht ´Hüte uns´, sondern ´Sehe uns´ und hört zu! Für die Ableugner gibt es eine schmerzhafte Qual

Vielleicht ist das einer der Unterschiede zwischen Islam und Christentum. Wo es in den Psalter Davids steht: “Der Herr ist mein Hirte; nichts wird mir fehlen” und später im Johannes Evangelium “Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich”, fordert uns der Koran dazu, kein Tierähnlicher zu sein, der ständig durch den Hirten mit Stock und Hunden gelotst werden sollte.

Wir brauchen weder einen Mahdy noch irgend einen Messias, der uns wie Schafe führt, sondern einen gesunden Menschenverstand und das Handeln im Sinne Gottes. Propheten sind genug gekommen und ihre Bücher sind unzählig auf der ganzen Welt zu haben. Ob der Messias die Worte des Buches vorträgt oder wir sie selber entnehmen, spielt keine Rolle. Egal ob er Wunder vor den Augen der Leute vollbringt oder vernünftige Worte spricht, das nützt bei den Zweiflern, die innerlich Falsches hegen, nichts. Jeder Mensch ist aufgerufen, für sich selbst und für sein Handeln Verantwortung zu tragen.

“Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott”.

Salam