Die Dynamik der Ungerechten – Vers 6:129

Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Gnädigen

In der Übersetzung vom Vers 6:129 steht bei uns, der Hanif-Übersetzung:

„Und auf diese Weise lassen wir einige der Ungerechten sich durch das, was sie zu erwerben pflegten, miteinander verbünden.“

Diese Formulierung unterscheidet sich deutlich von anderen gängigen Übersetzungen, in denen oft eine Bestrafung oder Vergeltung Gottes im Vordergrund steht. Warum haben wir uns für diese spezifische Wortwahl entschieden?

Hintergrund des Verses

Der Vers beschreibt eine Beziehung zwischen den Ungerechten, die sich durch ihr Handeln entwickeln. Die arabische Formulierung „بَعْضَ الظَّالِمِينَ بَعْضًا“ legt nahe, dass eine Verbindung oder Zusammenarbeit zwischen den Ungerechten besteht. Der Ausdruck „مَا كَانُوا يَكْسِبُونَ“ (übersetzt: „das, was sie zu erwerben pflegten“) zeigt, dass diese Verbindung direkt auf ihren Handlungen basiert.

Warum die Hanif-Übersetzung anders ist

  1. Der Fokus liegt auf der Dynamik der Ungerechten
    Unsere Übersetzung betont, dass die Ungerechten aufgrund ihrer gemeinsamen Interessen zueinanderfinden. Sie bilden Allianzen, die durch ihre Taten geprägt sind. Diese Beziehung entsteht natürlich und ist keine von Gott erzwungene Bestrafung.

    • Andere Übersetzungen wie die von Khoury („So setzen Wir die einen von denen, die Unrecht tun, über die anderen“) oder Azhar („So lassen Wir die Ungerechten sich einander zuwenden als Vergeltung“) legen nahe, dass Gott diese Verbindung aktiv als Strafe bewirkt.
    • Unsere Lesart zeigt stattdessen: Gott lässt diesen Weg zu, den die Ungerechten freiwillig wählen. Ihre Handlungen führen sie zusammen, und diese Verbindungen vertiefen ihren Irrtum.
  2. „Durch das, was sie zu erwerben pflegten“
    Das arabische Wort „يَكْسِبُونَ“ bedeutet „erwerben“ und verweist auf die bewussten, wiederholten Taten der Ungerechten. Es sind diese Taten – sei es Korruption, Ungerechtigkeit oder Irreführung –, die ihre Bindung stärken. Die Übersetzung „durch das, was sie zu erwerben pflegten“ unterstreicht diesen kausalen Zusammenhang und zeigt, dass die Verbindung der Ungerechten nicht zufällig ist.
  3. Freiheit und Verantwortung
    Unsere Übersetzung hebt die Rolle der menschlichen Verantwortung hervor. Der Vers zeigt, wie die Ungerechten durch ihre Handlungen und Absichten ihren eigenen Weg bestimmen. Gott greift nicht aktiv ein, um diese Verbindung zu erzwingen, sondern lässt sie gemäß ihrer Neigungen und Interessen geschehen.
  4. Keine Bestrafung, sondern eine Konsequenz
    Die Verbindung der Ungerechten ist nicht in erster Linie eine Strafe Gottes, sondern eine natürliche Folge ihres Verhaltens. Gott „lässt“ diese Dynamik zu, weil sie ihrem freien Willen entspricht. Dieser Aspekt wird in unserer Übersetzung klarer betont als in Formulierungen, die auf eine göttliche Strafe abzielen.

Die Stärke dieser Alternative

Unsere Übersetzung bietet eine tiefere Einsicht in den Vers, indem sie:

  • Die Selbstverantwortung der Ungerechten in den Vordergrund stellt.
  • Die Dynamik ihrer Verbindung als Resultat ihres Handelns erklärt.
  • Gottes Rolle als Beobachter und nicht als Erzwinger betont.

Sie unterscheidet sich bewusst von Übersetzungen, die den Eindruck erwecken, dass Gott die Ungerechten zwangsläufig miteinander verknüpft, um sie zu bestrafen. Stattdessen wird deutlich: Die Ungerechten wählen diesen Weg, und Gott lässt ihn zu.

Schlusswort:
Die Hanif-Übersetzung von Quran 6:129 bringt einen wichtigen Perspektivwechsel. Sie zeigt, dass die Verbindung der Ungerechten keine willkürliche Bestrafung ist, sondern eine natürliche Konsequenz ihres Handelns. Diese Lesart unterstreicht die Verantwortung des Menschen für sein Tun und gibt dem Vers eine dynamische, lebensnahe Bedeutung.