Intimität und Anstand im Verhalten der Geschlechter – Verse 24:30 und 31

Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Gnädigen

Die Auslegung der Verse des Korans, insbesondere jene, die das Verhalten und die Interaktionen von Männern und Frauen betreffen, erfordert Sorgfalt und ein tiefes Verständnis der sprachlichen Nuancen. Einer dieser kritischen Verse befasst sich mit dem Thema der Wahrung der Intimität und des angemessenen Umgangs der Frauen mit ihrem Schmuck und ihrer Blöße. Eine genaue Interpretation und Übersetzung dieser Verse ist wichtig, um Missverständnisse zu vermeiden und den Kern der Botschaft zu erfassen.

Die Verse 24:30 und 31 zeigen uns die Verhaltensmuster von Männern und Frauen gegenüber dem anderen Geschlecht. Vers 30 richtet sich in erster Linie an die Männer, während in Vers 31 die Frauen angesprochen werden. Obwohl die Verse im Allgemeinen klar und deutlich sind, gibt es in Vers 31 eine unerwartete Wendung, die uns zum Nachdenken bringt. Bevor wir unsere Sichtweise darlegen, sehen wir uns die Stelle an, wie sie üblicherweise von vielen Übersetzern wiedergegeben wird:

“Sie sollen ihren Schleier auf den Kleiderausschnitt schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen, es sei denn ihren Ehegatten, ihren Vätern, den Vätern ihrer Ehegatten, ihren Söhnen, den Söhnen ihrer Ehegatten, ihren Brüdern, den Söhnen ihrer Brüder und den Söhnen ihrer Schwestern, ihren Frauen, denen, die ihre rechte Hand besitzt, den männlichen Gefolgsleuten, die keinen Trieb mehr haben, den Kindern, die die Blöße der Frauen nicht beachten.”

Auf den ersten Blick fällt auf, dass in dieser Liste nur männliche Personen aufgeführt sind, vor denen die Frauen ihren Schmuck nicht verbergen müssen. Ihre Brüder sind genannt, aber nicht ihre Schwestern – nur deren Söhne werden erwähnt. Das weist darauf hin, dass hier nur Männer bzw. männliche Personen aufgelistet sind. Doch plötzlich werden “ihre Frauen” erwähnt sowie jene, die “unter ihrem Recht stehen”. Dies wirft die Frage auf, warum Frauen hier aufgeführt sind, wenn es zuvor nur um Männer ging.

Diese Interpretation führt oft zu Missverständnissen und Verwirrung. Man könnte fälschlicherweise annehmen, dass Frauen ihren Schmuck nur vor bestimmten Frauen zeigen dürfen oder dass es sich hier um eine bestimmte Gruppe von Frauen handelt. Solche Fehlinterpretationen haben dazu geführt, dass einige Exegeten des Korans sogar das arabische Wort نسائهن (nisa’ihinna) nicht als “ihre Frauen” definiert haben, sondern versuchten, es als schwache oder vergessliche Personen zu interpretieren.

Unsere Interpretation und Übersetzung:

Zwar gibt es im Arabischen die Fälle Akkusativ und Genitiv, doch sie sind schwer voneinander zu unterscheiden, wenn man nur auf die äußere Form der Wörter achtet. In unserem Vers, Vers 31, wird der Genitiv verwendet, um eine Liste von Personen zu bilden. Der Vers ist lang und nicht einfach zu durchschauen. Doch wenn man ihn im Kontext des Umgangs zwischen Mann und Frau betrachtet, wird klar, dass sich “ihre Frauen” auf die Söhne dieser Frauen bezieht. Ebenso betrifft es die Söhne der Personen, die unter ihrem Recht stehen.

Die korrekte Interpretation lautet daher: Die Aufzählung nennt die Söhne ihrer Frauen, die Söhne ihrer Brüder und die Söhne ihrer Schwestern. Es geht darum, klarzustellen, dass Frauen ihren Schmuck vor den Söhnen der ihnen nahestehenden Personen nicht verbergen müssen. Diese Lesart ist konsistent und vermeidet Missverständnisse darüber, dass plötzlich Frauen oder Personen, die “unter ihrem Recht stehen”, in der Liste auftauchen.

Unsere Hanif-Übersetzung:

24:30 Sage den gläubigen Männern, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Blöße bewahren. Dies ist lauterer für sie, denn Gott ist kundig dessen, was sie fabrizieren.

24:31 Und sage den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Blicke senken, ihre Blöße bewahren und ihren Schmuck nicht offen zeigen, außer dem, was sichtbar ist. Und sie sollen ihre Schleier auf ihre Kleiderausschnitte schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen, außer ihren Ehemännern, ihren Vätern, den Vätern ihrer Ehemänner, ihren Söhnen, den Söhnen ihrer Ehemänner, ihren Brüdern, den Söhnen ihrer Brüder, den Söhnen ihrer Schwestern, ihrer Frauen oder derer, die unter ihrem Recht stehen, den Gefolgsleuten von den Männern, die kein Interesse zeigen, oder den Minderjährigen, denen die Verletzlichkeit der Frauen noch nicht bewusst ist. Sie sollen auch nicht ihre Füße aneinanderschlagen, um zu zeigen, was sie an Schmuck verborgen halten. Und kehrt reumütig allesamt zu Gott, ihr Gläubige, auf dass ihr erfolgreich seid.

Fazit:

Unsere Übersetzung hebt hervor, dass der Vers 24:31 in erster Linie männliche Personen auflistet, vor denen Frauen ihren Schmuck nicht verbergen müssen. Durch die korrekte Anwendung des Genitivs “ihrer Frauen” wird klar, dass es sich um die Söhne dieser Frauen handelt und nicht um die Frauen selbst. Diese präzise Übersetzung soll Missverständnisse vermeiden und ein tieferes Verständnis der im Koran enthaltenen Verhaltensregeln ermöglichen. So wird der Schutz der Intimität und des Anstands im gesellschaftlichen und familiären Kontext klarer dargelegt.