Gesteinigter od. Verstoßener Satan (16:98)

Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Gnädigen

Im Quran wird oft betont, wie wichtig es ist, Schutz bei Gott zu suchen, besonders beim Lesen der Offenbarung. Die Interpretation der Begriffe „Schutz“ und „verstoßener Satan“ ist dabei entscheidend, um die wahre spirituelle Bedeutung des Textes zu verstehen. Der traditionelle Ansatz verwendet oft „Zuflucht“ und „gesteinigter Satan“, während eine genauere Untersuchung des Textes zeigt, dass „Schutz“ und „verstoßener Satan“ die Bedeutungen im quranischen Kontext besser erfassen.

Der Vers in Surah An-Nahl (16:98):

Hanif-Übersetzung:
„Wenn du also den Quran liest, dann suche den Schutz bei Gott vor dem verstoßenen Satan.“ (16:98)

Traditionelle Übersetzung:
„Und so du den Koran verliest, suche Zuflucht bei Gott vor dem gesteinigten Satan.“

1. Schutz suchen oder Zuflucht suchen?

In der traditionellen Übersetzung wird der Ausdruck „Zuflucht suchen“ verwendet, was eher auf einen physischen Ort oder Schutzraum verweist. Doch im spirituellen Kontext des Lesens des Quran geht es weniger um physische Zuflucht, sondern um den geistigen Schutz vor den Einflüsterungen Satans. Daher ist „Schutz bei Gott suchen“ die präzisere Wahl, da es deutlich macht, dass man Gott um Schutz vor spirituellen Gefahren bittet. Es ist eine bewusste Handlung, sich Gott anzuvertrauen, um geistige Reinheit und Konzentration beim Lesen des Quran zu bewahren.

2. Verstoßener Satan oder gesteinigter Satan?

Der Ausdruck رَجِيم (rajīm) wird traditionell als „gesteinigter Satan“ übersetzt, basierend auf der symbolischen Handlung des Steinwerfens auf Satan während der Pilgerfahrt (Hajj). Jedoch zeigt eine genauere Analyse des Wortes, dass es sich besser als „verstoßen“ versteht, was sich auf Satans Zustand bezieht, nachdem er von Gott aus dem Paradies und von seiner Gnade ausgeschlossen wurde.

Unsere Übersetzung reflektiert dies besser, indem wir „verstoßen“ verwenden. Der Quran selbst gibt uns in Surah Al-Hijr (15:34) die Grundlage dafür:

„Er sagte: ‚Dann geh aus ihm hinaus! Denn du bist verstoßen.‘“ (15:34)

In diesem Vers wird klar gesagt, dass Satan von Gott verstoßen wurde, nachdem er Adam verführt hatte. Dies bedeutet, dass Satan nicht nur physisch aus dem Paradies vertrieben wurde, sondern auch von der Barmherzigkeit Gottes ausgeschlossen wurde. „Verstoßen“ bringt diesen Zustand viel besser zum Ausdruck als „gesteinigt“, da der Begriff nicht primär auf eine physische Handlung verweist, sondern auf den spirituellen Ausschluss Satans.

Die Schutz-Suren im Quran: Ein Akt des aktiven Schutzsuchens

Interessanterweise wird in den letzten beiden Suren des Quran, Surah Al-Falaq (113) und Surah An-Nas (114), ebenfalls betont, wie wichtig es ist, den Schutz bei Gott aktiv zu suchen. Beide Suren beginnen mit dem Aufruf: „Sage: Ich suche Schutz…“. Diese sogenannten Schutz-Suren lehren uns, wie wir Gott direkt um Schutz bitten sollen – sei es vor dem Übel der Schöpfung oder den Einflüsterungen Satans. Dies steht im Einklang mit der Bedeutung des Verses 16:98, wo Gott uns auffordert, beim Lesen des Quran Schutz bei ihm zu suchen vor dem verstoßenen Satan.

Fazit:

Das sorgfältige Verständnis und die genaue Übersetzung der quranischen Begriffe ist entscheidend, um die tiefere Bedeutung des Textes zu erfassen. Während die traditionellen Übersetzungen oft auf symbolische Handlungen wie das Steinwerfen während der Hajj zurückgreifen, bietet die präzisere Interpretation des verstoßenen Satans und des Schutzes bei Gott ein klareres Bild der spirituellen Realität des Quran.