Das ausgedehnte Meer als Worte Gottes, Vers 18:109

Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Gnädigen

Im Quran gibt es eine beeindruckende Metapher, die das Verhältnis der Worte Gottes zu einem Meer veranschaulicht. Dieser Vers zeigt die Unermesslichkeit der göttlichen Worte, die die Grenzen der menschlichen Vorstellungskraft weit übersteigen. Viele Übersetzer interpretieren diese Metapher auf eine bestimmte Weise und verwenden das Wort “Tinte”, um den Vergleich darzustellen, dass das Meer als Schreibmaterial für die Worte Gottes nicht ausreichen würde. In unserer Übersetzung gehen wir jedoch einen anderen Weg, um der ursprünglichen Bedeutung des Textes gerecht zu werden, ohne zusätzliche Begriffe einzuführen, die nicht im arabischen Original vorhanden sind.

Die übliche Interpretation: Das Meer als Tinte

Die gängige Übersetzung, die in vielen Quran-Übersetzungen zu finden ist, lautet beispielsweise:

“Sag: Wenn das Meer Tinte für die Worte meines Herrn wäre, würde das Meer wahrlich zu Ende gehen, bevor die Worte meines Herrn zu Ende gingen, auch wenn Wir als Nachschub noch einmal seinesgleichen hinzubrächten.”

Diese Übersetzung verwendet “Tinte” als Erklärung für die Metapher des Meeres. Sie vermittelt das Bild, dass das gesamte Meer als Tinte verwendet wird, um die göttlichen Worte niederzuschreiben, und selbst diese Menge nicht ausreichen würde. Das Wort “Tinte” wird in die Übersetzung eingefügt, um die Funktion des Meeres deutlicher zu machen, aber es ist im arabischen Originaltext nicht explizit vorhanden.

Unsere Übersetzung: Das Meer als Worte Gottes selbst

In unserer Übersetzung haben wir bewusst auf die Einführung des Wortes “Tinte” verzichtet, weil es im Originaltext nicht explizit erwähnt wird. Stattdessen haben wir uns bemüht, die wörtliche und metaphorische Bedeutung beizubehalten, ohne eine zusätzliche Schicht der Interpretation hinzuzufügen. Unsere Übersetzung lautet:

“Sage: Wäre das Meer ausgedehnt als Worte meines Herrn gewesen, so würde das Meer zu Ende gehen, bevor die Worte meines Herrn zu Ende gehen, auch wenn wir Seinesgleichen ausgedehnt bringen würden.”

In dieser Formulierung wird das Meer als etwas dargestellt, das selbst die Worte Gottes symbolisiert. Hier bedeutet مددا “ausgedehnt”, dass selbst wenn alle Partikel des Meeres als Worte Gottes betrachtet würden, sie nicht ausreichen würden, um die göttliche Weisheit vollständig zu erfassen. Das Meer ist die Quelle oder die Gesamtheit der Worte, und diese Worte – symbolisiert durch die Masse des Meeres – reichen dennoch nicht aus, um die göttliche Weisheit vollständig wiederzugeben.

Vergleich der Ansätze

Die herkömmliche Übersetzung mit der Verwendung von “Tinte” neigt dazu, die Vorstellung der Worte Gottes als geschriebenes Werk zu konkretisieren. Durch das Einfügen der “Tinte” wird die Idee geschaffen, dass die Worte Gottes in einem Buch, einem Manuskript oder einer Schrift festgehalten werden. Das Bild einer unerschöpflichen Tinte wird dabei verwendet, um die Unendlichkeit der göttlichen Worte anschaulich zu machen. Doch diese Übersetzung setzt voraus, dass das Verständnis des Meeres als Tinte der beste Weg ist, um den Lesern die unerschöpfliche Natur der Worte Gottes zu verdeutlichen.

Unsere Übersetzung hingegen vermeidet diese zusätzliche Interpretation und bleibt eng an der Sprache und den Bildern des Originaltextes. Das Meer ist hier nicht notwendigerweise Tinte oder eine physische Ressource zum Schreiben, sondern es steht für etwas viel Größeres: Es repräsentiert die Unermesslichkeit und die Vielzahl der göttlichen Worte selbst. Es geht darum, dass selbst das ganze Meer, wenn es als Worte verstanden wird, seine Kapazität erreicht, bevor die Worte Gottes enden würden. Dies veranschaulicht die Unendlichkeit der göttlichen Weisheit auf eine Weise, die keine explizite Vergleichsform wie “Tinte” benötigt.