Baum der Erkenntnis – 7:22

Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Gnädigen

Im Quran wird in den Versen über Adam und seine Partnerin im Garten des Paradieses eine bemerkenswerte Betonung darauf gelegt, sich einem bestimmten Baum nicht zu nähern. Gott weist Adam und seine Partnerin mehrfach an, nicht nur den Baum nicht zu kosten, sondern ausdrücklich auch nicht in seine Nähe zu kommen. Diese Betonung finden wir unter anderem in den Versen 7:19 und 7:22. Diese Anweisung lässt vermuten, dass bereits die Annäherung an den Baum eine bedeutende Gefahr birgt. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die tiefere Bedeutung dieses Verbots und die besonderen Konsequenzen der Annäherung an den Baum.

1. Die Warnung: Annäherung als Gefahrenquelle (Vers 7:19)

Im Vers 7:19 sagt Gott zu Adam:

„Und Adam, bewohne du und deine Partnerin den Garten und esst davon, wo immer ihr wollt. Nähert euch aber diesem Baum nicht, sonst werdet ihr von den Ungerechten sein.“

Hier hebt Gott hervor, dass Adam und seine Partnerin vom gesamten Garten essen dürfen, jedoch die Anweisung erhalten, sich dem Baum weder zu nähern noch ihn zu berühren. Die Gefahr scheint also nicht nur im Verzehr zu liegen, sondern schon in der bloßen Annäherung. Diese Einschränkung deutet darauf hin, dass der Baum eine gewisse Wirkung hat, die bereits durch Nähe ausgelöst wird, und dass Adam und seine Partnerin sich dadurch in eine Situation begeben würden, die sie möglicherweise nicht bewältigen können.

Annäherung als Versuchung: Das Verbot, sich zu nähern, könnte bedeuten, dass die bloße Nähe eine Art Versuchung darstellt, die Adam und seine Partnerin einem großen Risiko aussetzt. Durch das Verbot der Annäherung bewahrt Gott die beiden davor, in Versuchung zu geraten und möglicherweise zu überschätzen, was sie bewältigen können. Satan nutzt die verführerische Nähe, um Zweifel zu säen und Adam und seine Partnerin in den Sog seiner Täuschung zu ziehen.

2. Die Wirkung des Baumes und das Erwachen der Erkenntnis (Vers 7:22)

In Vers 7:22 wird der Effekt beschrieben, den die „Annäherung“ und das „Kosten des Baumes“ auf Adam und seine Partnerin haben:

„So ließ er sie in Selbsttäuschung fallen. Als sie dann den Baum kosteten, wurden ihnen ihre Schlechtigkeiten offenbar, und sie fuhren fort, sich mit den Blättern des Gartens zu bedecken.“

Hier entfaltet sich die Konsequenz der Annäherung: Die Berührung oder das „Kosten“ des Baumes führt zu einer augenblicklichen Erkenntnis ihrer Schlechtigkeiten. Das Wort سوءتهما (saw’atihima), das hier verwendet wird, bezeichnet „Schlechtigkeiten“ oder „Unvollkommenheiten“ und deutet auf eine innere Erkenntnis ihrer Schwächen und Fehlbarkeiten hin. Diese Erkenntnis markiert den Übergang vom Unbewussten zum Bewusstsein über moralische Unterscheidungen und Schwächen, das den Menschen von den Tieren unterscheidet.

Die Rolle des Baumes als Quelle der Erkenntnis: Der Baum wird in diesem Vers nicht als eine Quelle von Nahrung dargestellt, sondern vielmehr als eine Art Katalysator für die Erkenntnis. Das „Kosten“ des Baumes lässt Adam und seine Partnerin verstehen, was ihnen zuvor verborgen blieb – nicht nur ihre Nacktheit, sondern ihre Schwächen, Fehler und das Bewusstsein für richtig und falsch. Dies verleiht dem Baum eine besondere Funktion, die über das Materielle hinausgeht.

3. Symbolik des Abstandhaltens und der Versuchung

Das Verbot, sich dem Baum zu nähern, wird hier zu einer Lektion in Gehorsam und Demut. Die Nähe zum Baum verführt die beiden und bringt sie in eine Position, die zur Selbsttäuschung führt. Diese neue Erkenntnis verändert ihr Leben grundlegend, und Gott hatte sie davor gewarnt, um sie vor einer Überforderung zu bewahren. Die Annäherung an den Baum symbolisiert eine vorzeitige und riskante Einsicht in das menschliche Selbst und die moralische Verantwortung, für die sie möglicherweise noch nicht bereit waren.

4. Fazit: Der Baum und die Grenzen der menschlichen Erkenntnis

Die Verse 7:19 und 7:22 im Quran zeigen, dass das Verbot, sich dem Baum zu nähern, eine wichtige Schutzmaßnahme war. Der Baum selbst scheint eine Art Energie oder Erkenntnisquelle zu sein, die den beiden das Bewusstsein über ihre Schwächen und moralischen Grenzen vermittelt. Das Verbot der Annäherung war somit ein Schutz vor der Überforderung durch Wissen und Erkenntnis, die sie in eine neue und herausfordernde Realität versetzte. Die Anweisung, Abstand zu halten, lehrt eine wichtige Lektion: dass gewisse Erkenntnisse und Verantwortungen nur in der nötigen Reife angenommen werden sollten, um die Balance zwischen Wissen und Weisheit zu wahren.